Samstag, 24. Januar 2009
 
Unmenschliches Fremdenrecht PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Eva Kumar   
Donnerstag, 4. Oktober 2007

Menschenrechte werden nicht gnadenhalber von ÖVP und SPÖ verliehen – das Fremdengesetz ist unmenschlich. Eine Analyse von Eva Kumar.

Nach den jüngsten geplanten und vollzogenen Abschiebungen von Asyl-Suchenden in den Kosovo hat sich sowohl die ÖVP wie auch die SPÖ hinter Innenminister Günter Platter gestellt. "Gesetze müssen vollzogen werden", lautet das Credo der ÖVP-Regierungsriege, Kanzler Gusenbauer meint – wie Platter – dass die Landeshauptleute künftig mehr Mitsprache bei den Abschiebungen haben sollten. Als Zeitpunkt für die Einrichtung des geplanten Aslygerichtshof nannte der SPÖ-Chef den 1. Juli 2008.

Dazu gab es bereits am 27. Jänner 2006 einen Artikel in der Wiener Zeitung:
http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=3858&Alias=wzo&cob=216340 Asylgerichtshof: Experten drängen auf Einrichtung

Am 25. Jänner 2006 fand eine Veranstaltung zum damals neuen Fremdenrechtspaket 2005 mit Rechtsexperten (Verwaltungsgerichtshofs-Präsident Clemens Jabloner, Richter-Präsidentin Barbara Helige, der Präsident der Wiener Rechtsanwaltskammer Harald Bisanz und der Verfassungsrechtler Heinz Mayer) Österreichs statt. Die Reaktion der damaligen Innenministerin Prokop auf die Forderungen der Juristen am Donnerstag, dem 26.1.2006 in der Wiener Zeitung: „Die von Rechtsexperten geforderte Einrichtung eines Asylgerichtshofs ist auch Innenministerin Liese Prokop ein Anliegen, wie sie am Donnerstag sagte. Die baldige Errichtung dieser Institution scheint aber nicht in Sicht. Denn Prokop setzt auf Zeit: Die Aktion dürfe kein Schnellschuss sein, sondern bedürfe einer guten und genauen Vorbereitung. Man müsse sich anschauen, wohin der Asylgerichtshof gehöre und wie er am besten in das Rechtssystem eingegliedert werden könne. Derzeit sei ein entsprechendes Konzept in Ausarbeitung, erste Ergebnisse sollen im Mai (2006) präsentiert werden."

Asylverfahren liegen derzeit beim Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) : Der UBAS wurde mit dem Asylgesetz 1997 eingerichtet und stellt die zweite Instanz (nach den Entscheidungen des Bundesasylamts) im Asylverfahren dar. Der UBAS hat den Sitz in Wien und wird durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt. Die Mitglieder sind weisungsfrei und unabhängig. Prinzipiell entscheidet ein UBAS Mitglied über die jeweilige Berufung. Es gibt aber auch Senatsentscheidungen, wenn die Entscheidungen von der bisherigen Rechtssprechung abweichen würden, oder die zu lösende Rechtsfrage bisher nicht einheitlich beantwortet wurde. Der UBAS kann den Berufungswerber auch zu einer mündlichen Einvernahme vorladen. Gegen den Bescheid des UBAS kann sowohl der Beschwerdeführer Berufung, wie auch das BMI eine Amtsbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einlegen.

Der UBAS soll zum Asylgerichtshof werden und wieder dem Bundeskanzleramt zugeordnet werden. Ein unabhängiger Gerichtshof sollte nicht im Verdacht der Einflussnahme durch ein Ministerium stehen.

Mit einem weiteren Abwarten würden Mehrkosten bis zu 30 Mio. Euro jährlich in Kauf genommen, rechnete Mayer vor. Denn mit der Überführung des Unabhängigen Bundesasylsenates (UBAS) in einen Gerichtshof wären die Voraussetzungen erfüllt, dass der VwGH nur noch zur Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen angerufen zu werden braucht. Das Asylverfahren wäre dann regelmäßig bereits in Zweiter Instanz mit dem Entscheid des Asylgerichtshofes beendet. Allein im Asylbereich würde jeder Asylrichter eine Ersparung von rund zwei Mio. Euro bringen, bezifferte Mayer den Nutzen. Die Kostenvorteile sollen detailiert im Frühjahr (2006) in einer Studie untersucht werden.

Zum Thema Überlastung des Unabhängigen Bundesasylsenats (UBAS) :
Der Sinn des Fremdenrechtspakets 2005 – europaweit das restriktivste seiner Art – liegt offenbar nicht darin, die Asylverfahren für Asylwerber und ihre Anwälte und Fürsprecher transparenter zu machen, bzw. deren Verlauf zu verkürzen. Seit seinem Inkrafttreten haben sich die Verhältnisse am UBAS zusätzlich verschlechtert. Die meist unnachvollziehbaren Entscheidungen des Bundesasylamtes würden schon genügen, um allen Beteiligten das Leben schwer zu machen, jetzt aber hat „ein wildgewordener Gesetzgeber“ (– dieser Ausdruck fiel während der Podiumsdiskussion im Juridicum aus dem Publikum des öfteren und wurde gern weiterhin übernommen -) ein Gesetz geschaffen, das schlecht formuliert, unklar und mehrdeutig ist, Kompetenz-Wirrwarr schafft ... und vor allem die bisherige Judikatur ausradiert.

Auch der Nachfolger der damaligen Innenministerin sieht keinen großen Handlungsbedarf trotz immer lauter werdender Kritik aus der eigenen Partei und den Medien. Die Kritik der NGOs, der Grünen und der Experten wurde bisher ohnehin ignoriert.


Als einziges Zugeständnis an Grundwerte einer demokratischen Verfassung wurden bisher in einzelnen Fällen Gnadenakte gewährt. Es scheint grundlegend an Verständnis des Charakters der Menschenrechte zu mangeln, wenn Franz Voves, der steirische Landeshauptmann in einem Interview dafür plädiert, in Einzelfällen die Betroffenen zu amnestieren. "Amnestiert werden Verbrecher", stellte Van der Bellen befremdet klar.

Grünen-Integrationssprecherin Brigid Weinzinger macht aufmerksam, was im Asylbereich tätige NGOs seit langer Zeit gebetsmühlenartig wiederholen und darstellen: Man kann im Zusammenhang mit den Abschiebungen längst nicht mehr von Einzelfällen sprechen, es sind strukturelle Lösungen angebracht. Jüngste Maßnahmen der Regierung wie etwa mehr Mitspracherecht der Landeshauptleute seien gar nicht erst nötig gewesen, vieles existierte bereits. Die Umsetzung des Menschenrechts dürfe nicht zu einem Gnadenakt des Ministers werden.

Quellen:
http://derstandard.at/?url=/?id=3060541 Standard online
http://linke.cc/news/article.php?story=20060202151428367&query=asyl Linke.cc
http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=3858&Alias=wzo&cob=216340 Wiener Zeitung
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